Ausstellung „Glanz und Grauen“ beeindruckte
26 DBG-Mitglieder besuchten TextilWerk Bocholt
Warum gibt es auf dem Matrosenanzug drei weiße Streifen? Diese Antwort wussten Elfriede Heitkamp, Museumsführerin, und Martin Schmidt, wissenschaftlicher Referent im TextilWerk Bocholt bei der Besichtigung der Ausstellung „Glanz und Grauen – Mode im „Dritten Reich“ am Sonntag, 14. Juni 2015.
Mehr als 120 originale Kleidungsstücke und viele, viele weitere Objekte aus der NS-Zeit geben darüber Auskunft, wie das Regime die Kleidung mit politischer Bedeutung auflud. Gezeigt wurden neben Ballroben auch die Alltags- und Freizeitkleidung, die Arbeiterkleidung oder die Uniformen der Hitlerjugend bzw. des Bundes deutscher Mädel. Kleider, deren Saum man verlängern konnte, Mäntel, die ausgebessert wurden und Schürzen, die die Kleidung schützten, gehörten für das normale Volk zum Alltag.
In Frauen-Zeitschriften und im Kino konnte man die Vorbilder sehen, an denen sich die Mode orientierte. So galt für die Parteiführung kaum ein Sparzwang, da auch prächtige und teure Ballroben in der Ausstellung gezeigt wurden. Bestechend war zu sehen, wie erotisch die Kleider der oberen Zehntausend wirkten und wie nah man sich an die Modemetropolen in der Welt, z. B. Paris, orientierte. Dabei wurde deutlich, dass die Spar-Appelle zwar dem gemeinen Volk galten, die Sparmaßnahmen sich aber ausschließlich an die Unternehmer, insbesondere im Bereich der Materialbeschaffung, richteten. Über ein Punktesystem und der Notwendigkeit, anderes Material als das gewünschte zu beschaffen, steuerte das Regime die Textilherstellung.
Neben dem Glanz zeigte die Ausstellung am Beispiel der Schuhproduktion zu Zeiten knapper Materialien auch das Grauen im Dritten Reich. So wurde z. B. im Konzentrationslager Sachsenhausen ein Schuhparcours eingerichtet, auf dem täglich 150 – 170 Häftlinge – oft in nicht passenden Schuhen und mit Gewichten auf dem Rücken – rund 48 Kilometer über unterschiedliche Böden laufen mussten, um das Material zu testen. 15 – 20 Menschen starben dabei an jedem Tag. Länger als 30 Tage hielt dieses systematische Morden niemand durch. Von den Ergebnissen, so Martin Schmidt, profitierte die Schuhindustrie jedoch noch viele Jahrzehnte.
Am Ende der Führung wurde auch das Geheimnis um die drei weißen Streifen auf dem Matrosenanzug gelüftet: Sie stehen für die drei erfolgreichen Seeschlachten des englischen Lord Nelson. Die Ausstellung „Glanz und Grauen – Mode im „Dritten Reich“ ist noch bis zum 1. November 2015 im TextilWerk Bocholt – Spinnerei zu sehen.
Text: Petra Taubach
Foto: Jürgen Taubach